Atomare Dipolwechselwirkungen mit Nanostrukturen und auf der Nanosekunden-Zeitskala

5. Mai 2022

Zwei unserer kürzlich veröffentlichten Studien zeigen, dass lichtinduzierte Dipolwechselwirkungen starke nichtlineare Effekte in thermischen, atomaren Gasen erzeugen, die in künftigen Nanophotonischen Schaltkreisen genutzt werden können.
[Bild: Universitaet Stuttgart]

Die Entwicklung aller Quantengeräte und Quantennetzwerke wird fundamental durch Rauschen limitiert. Dieses zerstört gespeicherte Quanteninformation schleichend mit der Zeit. Unsere technische Plattform basierend auf ungeladenen Atomen versucht das durch atomare Bewegung verursachte Rauschen zu reduzieren. Hierzu werden alle Operationen entweder derart schnell durchgeführt, dass sich die Atome zwischenzeitlich um weniger als eine Wellenlänge bewegen oder die atomaren Wechselwirkungen durch winzige Geometrien stark überhöht.

Eine unserer kürzlich veröffentlichten Studien [Phys. Rev. Research 4, 023073] beschäftigt sich mit der Kombination eines Siliziumwellenleiters umgeben von dichten und heißen Rubidiumdampf. Der Wellenleiter ist so konstruiert, dass die Lichtpropagation in einem Spalt stattfindet, welcher 30-mal kleiner ist als die Wellenlänge des Lichtes. Angeregte Rubidiumatome können ein Photon in diesen Wellenleiter abgeben, welches dann von einem weit entfernten Atom wieder absorbiert werden kann. Dieser sog. "Purcell-Effekt" verstärkt die Wechselwirkung zwischen Atomen, die sich innerhalb des Spalts aufhalten und erzeugt ein hochgradig nichtlineares Medium, d.h. die Eigenschaften des Mediums ändern sich deutlich bei leicht unterschiedlicher Anzahl von Photonen. Wir beobachten dadurch zum ersten Mal abstoßende Dipol-Wechselwirkungen in einem thermischen Gas.

Atome bewegen sich in einem gespaltenen Wellenleiter und interagieren mit einem einfallenden Lichtfeld.

In unserer anderen Publikation [Phys. Rev. Lett. 128, 173401] treffen starke Laserpulse bei Raumtemperatur auf eine mikrometergroße, mit Rubidium gefüllte Glaszelle und schleudern dadurch -- zunächst an der Oberfläche gebundene -- Atome in die Zelle hinein. Dieser als "light-indcued atomic desorption" (lichtinduzierte atomare Desorption, LIAD) bezeichnete Prozess kann dadurch die atomare Dichte innerhalb weniger Nanosekunden erhöhen. Basierend auf gängigen theoretischen Rechnungen sind in solchen Systemen hoher Dichte Dipolwechselwirkungen zwischen den Atomen zu erwarten. Ein beobachteter Effekt in stark begrenzten Geometrien ist eine Verschiebung des atomaren Linienspektrums hin zu roten Wellenlängen. Wir verifizieren diese Voraussagen auch auf der bislang unzugänglichen Nanosekunden-Zeitskala experimentell.

Nachdem ein starker grüner Laserpuls Atome in die Zelle desorbiert hat, werden sie von einem roten Laserstrahl untersucht.

Dieses "lokale Umschalten" von atomarer Dichte und die "Purcell Verstärkung" sind nicht nur ein wichtiger Schritt für unsere Entwicklung einer Einzelphotonenquelle mit Gigahertz-Bandbreite. Vielmehr schaffen sie eine vielversprechende Basis für die nächste Generation von Quantengeräten basierend auf starken Dipolwechselwirkungen.

Quantum Optics with Hot Atoms Projekt

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